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Referendumsabstimmung 5. Juni 2016:
Noch einmal Ja zu einer zeitgemässen Fortpflanzungsmedizin

Meine Meinung: drei untaugliche argumente der gegner

  • Will man Trisomie 21 eliminieren? NEIN, wir wollen in schwierigen Fällen jene 96% übriger Chromosomenfehler erkennen, die zu Misserfolg oder Fehlgeburt geführt hätten.
  • Will man Designer-Babys? NEIN, die Selektion nach Eigenschaften des Kindes, die nicht lebensbedrohliche Krankheiten sind, bleibt zu Recht verboten.
  • Will man die Tür aufstossen zur weiteren unkontrollierten Liberalisierung? NEIN, jede von künftigen Generationen gewollte Veränderung ist wieder einem demokratischen Prozess unter Mitwirkung von Parlament und Volk unterworfen.
 
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1. Willst Du mich eliminieren?

 

Die herzigen Bilder von Kleinkindern mit Trisomie 21 sind reine Polemik. PID bezweckt, wie auf der letzten Seite dargelegt, zu 96% die Erkennung von völlig chancenlosen Embryonen, um die Behandlung in schwierigen Fällen zu verbessern und Fehlgeburten zu vermeiden.
 

Man schlägt den Sack (Kinderwunschpaare) und meint den Esel (Fristenregelung und Pränataldiagnostik).

 

2. Schritt zum «Designer-Baby»

 

Der reflexartige Vorwurf, wir würden die Tür zu «Designer-Babys» öffnen, ist falsch (und eigentlich intellektuell unredlich). Der wichtige Gesetzesartikel 5 bleibt unverändert in Kraft, der die Herbei­führung bestimmter Eigen­schaften beim Kind verbietet und Fortpflanzungs­verfahren ohne medizinischen Grund ausschliesst.
 

Ohnehin würde niemand, der auf natürliche Art schwanger werden kann, eine IVF-Behandlung auf sich nehmen, nur um ein Kind mit blauen Augen zu haben.

 

3. Schiefe Ebene

 

Das Argument, dass künftige weitergehende Veränderungen unerwünscht wären, kann gegen jedes vernünftige Gesetz vorgebracht werden. Wie bei der zweiten Gotthardröhre bräuchte es aber eine erneute Gesetzesänderung, und das Volk könnte erneut mitreden.

 

Als verantwortungsbewusste und seriöse Fortpflanzungs­mediziner bekennen wir uns zum Prinzip von Artikel 5, dass Verfahren im Reagenzglas jenen vorbehalten bleiben, die nur so überhaupt ein Kind haben können. Aufgeklärte Gesellschaften können sehr wohl mit den neuen Möglichkeiten umgehen; dies sieht man daran, dass in ganz Europa keine unerwünschten Auswirkungen oder Skandale im Zusammenhang mit Präimplantationsdiagnostik bekannt sind. Die Anzahl Neugeborener mit Trisomie 21 ist in der Schweiz trotz neuer Möglichkeiten vorgeburtlicher Untersuchungen sogar leicht am Steigen, weil selbstbestimmte und verantwortungsbewusste Mütter ein Kind mit Trisomie in Kauf nehmen.

 

 

Im Kern geht es darum, ob Ethiker und Politiker den Betroffenen vorschreiben, dass sie Behinderungen akzeptieren MÜSSEN (statt dürfen).

Dr. med. Michael Singer

 

Warum bestimmen in einem sonst so fortschrittlichen Land wie der Schweiz diffuse Ängste von vielen über das Leid von wenigen?

Seraina Kobler, NZZ

 

Meine persönliche Meinung: Fortpflanzungsmedizin lässt niemanden kalt. Allzu schnell werden in den Leserkommentaren Meinungen laut, Kinderlosigkeit sei als natur- oder gottgegeben zu akzeptieren, Kinderwunsch sei ohnehin teure Selbstverwirklichung, und jegliche Methoden zur Auswahl der lebensfähigen Embryonen seien abzulehnen. Dabei geht es im Kern um die Frage, ob bestimmte Kreise aufgrund ihrer ethischen oder religiösen Überzeugungen das Recht haben, dem Rest der Gesellschaft vorzuschreiben, ob und wie sie im Falle von medizinischen Problemen ihren Kinderwunsch verwirklichen können. Unerfüllter Kinderwunsch wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO längst als Krankheit anerkannt; bei Krebsleiden wird der Staat auch nicht festlegen wollen, ob eine bestimmte Tumorart optimal behandelt werden darf oder nicht. Die Schweizer Stimmbürger setzten seit jeher auf die Eigenverantwortlichkeit der Betroffenen; wenn eine Frau Ja sagen kann zum Schwangerschafts­abbruch, soll sie auch Ja sagen können zur Auswahl lebensfähiger Embryonen.

 

Argumente deS Befürworter-komitees